Dienstag, 28. Juli 2015

Fuchstanzstraße: Anwohner protestieren gegen Nürnberger Projektentwickler



Foto: privat
























Rödelheim. Auf ihrer Homepage gibt sich der Immobilienprojektentwickler Project Immobilien (PI)  aus Nürnberg gerne weltgewandt. „Wir gestalten die Metropolregion“ steht da uns zwar mit dem Ziel „beständige Werte zu schaffen in guten bis sehr guten Lagen mit hochwertiger Architektur und nachhaltiger Bauausführung. Ganz Bodenständig ist das, was zurzeit in der Rödelheimer Fuchstanzstraße erfährt. Dort haben sich die Franken mit ihrem großspurigen Auftreten keine Freude gemacht, dabei sieht es so aus, als seien sie auf einen gedeihlichen Dialog durchaus angewiesen.

4.600 Euro pro Quadratmeter

Der Name klingt vielversprechend. „Fuchstanzpalais“, das suggeriert hochwertiges Wohnen für ein gediegenes Publikum. Und das soll es auch. Elf Eigentumswohnungen sollen unter diesem Namen entstehen. Die Wohnungen, alle um die 100 qm groß, sollen je nach Etage zwischen 480.000 bis 520.000 Euro kosten. Für einen Pkw-Stellplatz in der Tiefgarage kommen nochmals rund 30.000 Euro hinzu. Zuzüglich Notarkosten (2-3%), zuzüglich 6,5% Grunderwerbsteuer. Macht also um die 600.000 Euro je Wohneinheit oder imSchnitt gut 4.600 Euro/qm – die Zielgruppe ist klar: ein solventes Publikum soll sich angesprochen fühlen.  

Fuchstanzstraße 30 steht dort als Adresse. Vor Ort findet man an der Stelle nur einen kleinen verwilderten Weg, um die zwei Meter breit. Er führt in das grüne Innere des Carrés, das von der Fuchstanzstraße, der Niddagaustraße, der Lorscher Straße und der Straße am alten See eingeschlossen wird. Im Inneren des Carrés befindet sich noch ein Altbau aus den 40er-Jahren, anderthalbgeschossig. Der soll nun dem 11-Parteien-Klotz weichen.


 

Bei Grundstückspreisen von 500 Euro pro Quadratmeter und mehr, selbst in Rödelheim, wundert es nicht, dass freie oder freiwerdende Grundstücke, die vor 30 oder 40 Jahren vielleicht nur von einem Einfamilienhaus bebaut worden wären, für einzelne private Bauherren nicht mehr erschwinglich sein – obwohl in Rödelheim viele Familien von einem eigenen kleinen Häuschen träumen. Zudem will momentan viel Geld angelegt sein, der Bauzins ist niedrig wie nie. Ein idealer Nährboden für die, die vermögenden Kunden eine Anlage in Betongold verschaffen wollen – die Stunde der Projektentwickler schlägt. 

Foto: Wo früher ein Haus stand, wohnen nun neun Parteien.
Ähnliches war in letzter Zeit häufiger im Stadtteil zu beobachten. Nachverdichtung nennt es der Stadtplaner, Gentrifizierung befürchtet der Soziologe. Beispiel: Breitlacher Straße. In den vergangenen Jahren entstand auf einem ehemaligen Gewerbegelände ein Mehrfamilienhaus. Kaum 50 Meter weiter, wo einst eine Einfamilienhaus auf einem 700-qm-Grundstück selbst die Nobel-Makler von Von Poll zur Verzweiflung brachte (Wunschpreis damals 535.000 Euro), wurde ein Querriegel für 9 Parteien gebaut. Das Grundstück wurde maximal versiegelt, die Gärten sind winzig, der Blick reicht ein paar Meter bis zur Nachbarhauswand. Noch ein Beispiel? Biedenkopfer Weg. Bis vergangenes Jahr blühte dort ein prächtiger Garten. Dass diese Pracht nicht ewig anhalten würde war zu befürchten. Bald ziehen die fünf neuen Mietparteien ein. Viel Grün werden auch sie nicht um sich haben.

Plötzlich Schatten im Garten

Ähnliches befürchten nun auch die 80 Anrainer der Grundstücks in der Fuchstanzstraße. Mit elf Parteien auf dreieinhalb Geschoßflächen dürfte es in den umliegenden Gärten nach Fertigstellung des Baus recht schattig werden. PI scheint gewillt, das Maximum aus dem Grundstück herausholen zu wollen.

Durchaus nachvollziehbar, findet auch Anwohner Stefan Soehngen. Es hat grundsätzlich nichts gegen eine Bebauung, „nur nicht so massiv“, wendet er ein. Denn zunächst einmal dürfte die Ruhe im Quartier zunächst einmal längere Zeit durch Baulärm getrübt sein. Das Problem dabei. Die Baufahrzeuge müsste dabei auf die enge Zuwegung angewiesen sein. Durch diese dürfte aber kaum ein Kipplaster oder Baustofflieferant das Grundstück erreichen – viel zu schmal ist der Weg.

Projektentwickler tritt forsch auf

Doch anstatt den Dialog mit den Anliegern zu suchen, tritt PI forsch auf. In ersten Kontakten teilte man den Grundstücksbesitzern mit, dass sie damit zu rechnen hätten, einen Teil ihres Grundstücks für eine geeignete Zuwegung abtreten zu müssen. Als sich die Anwohner zunächst beraten wollten und einen Anwalt zu Rate ziehen wollten, zündeten die Franken gleich die erste Eskalationsstufe. „Wenn sie sich einen Anwalt nehmen und Krieg wollen, dann bekommen sie Krieg“, erinnert sich Soehngen noch an die Worte. Eine denkbar ungünstige Ausgangsposition für jemanden, der auf einen Kompromiss angewiesen erscheint. „Die müssen aber mit uns reden“,hält soehngen fest. „Aber angesichts der Situation sind wir nun wenig gesprächsbereit.“

Ein weiteres Argument der Anwohner gegen das „Palais“: die Verkehrssituation. Schon jetzt herrschen in der Fuchstanzstraße in den Abendstunden chaotische Zustände – zu viele Autos parken dort schon jetzt. Das wird sich verschlimmern, fürchtet Soehngen schon jetzt. Zwar ist eine Tiefgarage mit 11 Stellplätzen Pflicht und wohl auch geplant, doch könne man mit mindestens 20 neu hinzukommenden Fahrzeugen rechnen, von denen nur etwa die Hälfte dann einen Parkplatz im Bauch des Hauses finden wird. Und wer mit seinem großen Wagen keine Lust auf enges Gekurve in der Tiefgarage hat, dürfte sein Auto gleich draußen abstellen.

Schon alle Sympathien verspielt?

Inzwischen scheint PI alle Restsympathien verspielt zu haben. 80 Anwohner, und damit alle Bewohner des Carrés, haben nun eine Liste gegen das geplante Vorhaben unterschrieben. Ob es freilich Gehör finden wird bei den Planern der Stadt ist fraglich.Schließlich ist man im Dezernat des Grünen Baubürgermeisters Olaf Cunitz über jede Wohnung froh, die in der rasant wachsenden Stadt Frankfurt entsteht. Doch so leicht dürfte man es sich im Römer nicht machen, findet Soehngen. Auf Facebook mobilisiert er den Widerstand:

Überdimiensionierter Betonklotz?
„Ich kritisiere an dem repräsentativ-demokratischen System, dass Entscheidungen gegen den Willen unmittelbar betroffener Bürger durchgesetzt werden. So geschieht es gerade in Frankfurt Rödelheim: Im Rahmen einer Unterschriftenkampagne äußern 80 von 80 Anwohnern, dass ein freies Grundstück, das an Hinterhöfe und Gärten angrenzt „harmonisch“, also zweigeschossige bebaut wird. Leider keine Chance! Die Immobilieninvestmentgesellschaft hat freie Fahrt und kann ein deutlich überdimensioniertes Betongebäude platzieren… Interessen der bestehenden Anwohner – EGAL! An diesem Wochenende wurden die Makler zur losgelassen…Reaktion der der Bauaufsichtsbehörde zu den Interessen der Anwohner: Schulterzucken. Dann die Aussage: ,Eine Unterschriftenkampagne und das Interesse der Anwohner tut hier nichts zur Sache…‘ Das kann es doch nicht sein! Zwar fordere ich keine flächendeckenden Volksentscheide, aber die Interessen direkt betroffener Bürger müssen mehr gehört werden. Sonst breitetet sich immer mehr Frust aus, was letztlich zu einer sinkenden Akzeptanz und damit einem Erodieren unseres politischen Systems führt.“
Und was sagt Projekt Immobilien zu dem Vorhaben? Pressesprecher Johannes Buchner auf Anfrage:

"Die Dimension ergibt sich zum einen aus dem gültigen Bebauungsplan sowie aus der Nachbarbebauung, welche durchgängig drei Geschosse aufweist. Ursprünglich sah das Planungskonzept eine dreigeschossige Bebauung mit Staffelgeschoss vor. Im Rahmen mehrmaliger Gespräche mit den unmittelbaren Nachbarn wurde das Konzept im Einvernehmen mit der Stadtplanung geändert und auf das Staffelgeschoss verzichtet. Auch wenn eine vertiefte Bebauung realisierbar gewesen wäre, so wurde den Sorgen der Anwohner Rechnung getragen und auf die maximal mögliche Bebauung verzichtet. Die Baugenehmigung wurde am 29.06.2015 erteilt."

Das sagt der Projektentwickler

Und zum Thema Zuwegung und Verkehrssituation?
"Die Zuwegung zum Grundstück erfolgt über die bisherige Zufahrt zum Grundstück, die für die Nutzung durch Feuerwehrfahrzeuge ausgelegt ist. Die Breite der Zufahrt wird durch Überbauungen der Nachbargrundstücke auf das Grundstück des Projektentwicklers begrenzt. Die von den Nachbarn errichteten Zäune stehen teilweise auf dem Zufahrtsgrundstück und schränken die Breite ein. Dieses könnte auch aktuell für die Zufahrt durch Rettungsdienst und Feherwehr problematisch werden. Da durch die Überbauung durch die Nachbarn die Nutzbarkeit der Zufahrt eingeschränkt wird, wurden die Nachbarn gebeten, den Zaun selbst zurückzubauen, oder zuzustimmen, dass der Zaun durch PROJECT Immobilien vor Baubeginn zurückgebaut und anschließend neu errichtet wird.
Dass in dem Zusammenhang angefragt wurde, ob nach Rückbau der Überbauung der Bauzaun auf dem Nachbargrundstück stehen kann, war keineswegs ein Verlangen, sondern eine Anfrage zur möglichen Zustimmung. Uns ist daran gelegen, die Nachbarn und insbesondere die Anwohner der Zufahrt einzubinden und zu informieren. Unser Angebot, auf unsere Kosten eine Neuerrichtung vorzunehmen, sollte dies zum Ausdruck bringen.
Mit 11 Stellplätzen in der Tiefgarage ist für jede Wohneinheit ein Parkplatz vorgesehen. Daher gehen wir davon aus, dass die neuen Anwohner die Parkplatzsituation nicht wesentlich verschärfen. Auch die Stadt Frankfurt ist im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht zu dem Schluss gekommen, dass durch das Bauvorhaben eine unübersichtliche Situation entstehen könnte."

Eigentlich wollte PI am vergangenen Wochenende mit dem Verkauf der Wohnungen begonnen haben. Aber so, wie es zurzeit aussieht, sollten die potenziellen Eigentümer mit der Kündigung ihres aktuellen Mietvertrags noch ein wenig gedulden. Die Diskussion um das Fuchstanzpalais scheint noch lange nicht beendet.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Herr Nöthen,

aufmerksam und gerne lese ich regelmäßig Ihren Rödelheim-Blog. Dieser Artikel verwundert mich jedoch sehr, da Sie auf dieser Seite noch vor wenigen Tagen Werbung für das Fuchstanz-Palais gemacht haben. Wie mir zugetragen wurde, sind Sie mit der Famile Soehngen persönlich bekannt, was Sie allerdings nicht von einer objektiven Berichterstattung abhalten sollte.

Fakt ist doch wohl, dass es Regeln und Gesetze gibt, die es bei einem Bauprojekt einzuhalten gilt. Dazu gehört auch das Baurecht und eine bestehender Bebauungsplan. Richtet sich ein Grundstückseigentümer (auch ein Investor) nach diesen Vorgaben, darf er bauen. Er darf sogar nach Gewinnmaximierung streben. Das machen nämlich auch 100% aller anderen deutschen Wirtschaftsunternehmen, um Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern.

Der Investor baut nicht nur zum Nachteil bereits dort ansässiger Anwohner, sondern auch zum Vorteil zukünftiger Anwohner, die sich ein Eigenheim zulegen möchten (auch wenn es "nur" eine Wohnung und kein kleines Einfamilienhaus ist).

Sie führen in Ihrem Artikel die hohen Anschaffungskosten mit sämtlichen Erwerbsnebenkosten für eine Wohneinheit auf, die ein zukünftiger Käufer zu zahlen hat, und erwähnen dabei abwertend das "gediegene" Zielpublikum des Investors. Ihre Intention verstehe ich dabei nicht. Vielleicht sollten Sie dann auch die Werte bzw. Anschaffungskosten inkl. Quadratmeterzahlen der Einfamilienhäuser der betroffenen Anwohner erfragen und genauso veröffentlichen (oder hat das in diesem Zusammenhang keine Bedeutung?). Das meine ich natürlich nicht ernst, aber von Neidkampagnen halte ich nichts.

Nun zu der amüsanten Unterschriftenkampagne, die herangezogen werden soll, um den Bau zu verhindern/beinflussen. Man starte eine Unterschriftenkampagne, weil ein neues Haus in der Nachbarschaft gebaut werden soll. Es gibt Baulärm, Beschattung, die Aussicht verändert sich, Parkplätze werden knapper. Oh Wunder, 100% der Betroffenen (80 Personen an der Zahl - was müssen da ohnehin schon für riesige Betonbunker stehen, dass 80 Anwohner gleichzeitig von einem 2-stöckigen11-Parteien-Haus betroffen sein können) geben Ihre Unterschrift gegen das Projekt. Würde man im Baurecht Unterschriftenlisten berücksichtigen, würde in Deutschland nicht einmal mehr ein Einfamiliehaus entstehen können.

Am schlimmsten empfinde ich allerdings die Drohung der "Ureinwohner" auf ihren Plaketen, dass sie sich solch neue Nachbarn nicht wünschen. Das ist niveaulos und schäbig und traurig für jede junge Familie, die von vielleicht genau so einer Eigentumswohnung träumt und zunächst mal wirklich gar nichts mit der Bebauungsplanung und dem Verhalten des Investors zu tun hat.

Bei allem Verständnis für die Anwohner und dren Ärger über zukünftige Veränderungen, das geht zu weit. Wurden deren Häuser eigentlich auch mal irgendwann gebaut oder standen die schon immer da?

Also, für die Zukunft dann bitte wieder sachlich schreiben. :-)

HoWi hat gesagt…

Sehr gehrte/r "Anonym"! Sie fordern "für die Zukunft dann bitte wieder sachlich schreiben. :-)". Wenn Sie indes die Unterschriftenkampagne als "amüsant" bezeichnen, wo ist da Ihre Sachlichkeit? Die 80 vom Bauvorhaben Betroffenen finden dieses eben überhaupt nicht amüsant!

Andreas Nöthen hat gesagt…

Lieber Herr Anonym,

eines vorweg: Wer sich die Zeit nimmt, einen Kommentar zu verfassen und sich an einer Diskussion zu beteiligen - was ich sehr begrüße - der sollte doch auch manns genug sein, dies mit seinem Namen zu tun.

Esstimmt, ich bin mit Familie Söhngen bekannt - so, wie mit etlichen anderen auch in Rödelheim. Dort habe ich zunächst nachgefragt, was denn überhaupt dort los sei. Dabei erfuhr ich, dass sie zu den Anwohnern gehören, die sich wehren. Darum habe ich dort nachgefragt. Es hätten aber auch zwei oder drei andere Familien sein können, oder jemand, der mir vor Ort, denn das war ich auch, Auskunft hätte geben wollen. Aber das möchte nicht jeder, schon gar nicht namentlich. Sie kennen das ja.

Dass ich einige Tage vorher den Verkaufsbeginn vermeldet hatte (um Rödelheimern die chance zu geben, sich das ganze auch anzuschauen) ist doch völlig in Ordnung. Das Thema ein paar Tage unter anderen Aspekten nochmals aufzugreifen, auch.

Auch sehe ich ehrlich gesagt nicht, wo der Text nicht sachlich sein sollte. Beide Meinungen (Anwohner/Unternehmen) sind eingeholt und dargelegt worden.

Zu den genannten Zahlen. Ich spare es mir, die Eckdaten des Frankfurter Immobilienmarktes hier nun detailliert darzulegen. Aber ein Quadratmeterpreis von gut 4.500 Euro entspricht durchaus dem gehobenen Mittelfeld in Frankfurt. Große Maklerhäuser (JLL, BNPPRE, Savills etc.) dokumentieren dies quartalsweise. Von daher kann man schon schlußfolgern, dass hier eine gewisse Klientel im Blick ist. Ist aber auch überhaupt nicht verwerflich,denn Unternehmen wie PI haben keinen gemeinnützigen Auftrag. Wie sie schon sagen, es sind Unternehmen, die müssen Geld verdienen. Und dass sich das ganze baulich im rechtlichen Rahmen bewegt, hat niemand bestritten.

Aber die Frage ist doch die nach dem Wie. Ich finde es schon kurios, wenn man etwas plant und verkauft, jedoch unter den jetzigen Bedingungen wohl kaum in der Lage sein dürfte, das Baumaterial an den Ort des Geschehens zu bringen, weil die Zufahrt zu klein zu sein scheint. Und ich vermute stark, dass die Stadt bei der Genehmigung des Bauantrags davon ausgegangen ist, dass dieser Punkt vorab geklärt worden ist.

In einem Punkt gebe ich ihnen Recht: Man kann nicht jedes Bauvorhaben vorher mit allen diskutieren, dann ginge nichts voran. Aber sich vorher einmal mit den Anwohnern zusammenzusetzen und zu überlegen, wie man das hinbekommt, das würde ich schon erwarten.

Wenn Sie mögen, können wir weiterdiskutieren, aber nur unter Namensnennung.

Grüße



Anonym hat gesagt…

ich möchte mich gern dem Eingangskommentar anschließen und ein paar zusätzliche Gedanken, die der Artikel in mir ausgelöst hat, anführen. Deswegen, weil ich Engagement für den eigenen Stadtteil grundsätzlich toll finde, vor allem, wenn es um Rödelheim geht, in dem ich seit einigen Jahren als Mieterin lebe. Warum als Mieterin? Nun, meine Hoffnung auf ein Haus oder eine Wohnung haben sich schlichtweg aufgrund fehlenden Angebots bisher leider nicht erfüllt. Zum Einen wird nur alle paar Monate eine Immobilie angeboten, zum Anderen dann meist zu exorbitanten Preisen und fast immer mit Makler. Meist liegt das Objekt dann in Hörweite einer der Autobahnen, hat keinen Garten oder Balkon, muss renoviert werden etc.

Daher finde ich es eigentlich ganz gut, wenn eben nicht in einem weit außerhalb jeglicher Peripherie liegenden, sondern einem zentrumsnahen Stadtteil gebaut wird, damit auch dort lebende Mieter die Möglichkeit erhalten, für lange Zeit gesichert in ihrem vertrauten Umfeld zu leben. Ich hatte leider nicht das Glück, ein Haus oder eine Wohnung in Rödelheim vor langer Zeit zu einem günstigen Preis kaufen zu können oder ein Haus hier zu erben.

Zwei bis drei Anführungen im Artikel möchte ich daher gern kommentieren:
Die Kaufpreise für die genannten Wohnungen sind, gemessen am neuesten Energiestandard und an der Lage, eigentlich okay und vor allem mittlerweile leider normal für FFM. Ich sehe ehrlich gesagt für Bestandsimmobilien kaum geringere Preise und hier kommt oft noch ein Makler dazu. Daher denke ich kaum, dass als Interessenten nur "eine gewisse Klientel" in Frage kommt, sondern eben auch ein großer Anteil von ganz normalen Mittelstandsfamilien, wie wir eine sind.

Dass die Interessenten in Kauf nehmen, nur ein Handtuchtellergrosses Gartengrundstück zu erhalten, ist hier doch die Sache der zukünftigen Bewohner. Immerhin sind die Wohnungen in der Breitlacherstrasse alle verkauft und die Bewohner sehen meiner Meinung nach recht zufrieden aus.

Ausgehend von dieser Gesamtsituation verursacht das Engagement der Anwohner bei mir eher das Gefühl, dass hier viele mit einer Veränderung ihres gewohnten Umfelds nicht zurechtkommen. Für mich liegen, gemessen an der Polemik, die Anwohner mit dem Projektentwickler auf einem Niveau. Einige der angeführten Argumente finde ich etwas seltsam. So wird angeführt, dass sich die Parkplatzsituation verschärft, weil viele der neuen Nachbarn wohl zwei Autos mitbrächten. Für mich ist das eine bewusste negative Ausmalung von Dingen, die passieren können, aber nicht müssen (wer besitzt denn heutzutage noch zwei Autos in Zeiten von Carsharing?). Auch bei den anderen angeführten Argumente interessiert mich unwillkürlich die Darstellung des Projektentwicklers, weil ich fast davon ausgehe, dass die Wahrheit wohl in der Mitte liegen wird. Bezüglich Zufahrtssituation stand zum Beispiel in einer Zeitung, dass die Zäune der Anwohner das Baugrundstück überbauen, somit also quasi "überstehen" und dass hier eine Lösung gesucht wird. Ich habe eigentlich zumindest das Interesse, mir das Grundstück und den Entwurf der Wohnungen anzusehen, stelle mir aber tatsächlich die Frage, ob ich solche "Wutbürger" als Nachbarn haben möchte. Zumindest finde ich die Plakatierung mit dem Text nicht gut. Bisher habe ich Rödelheim als offen gegenüber Zugezogenen wie mir erlebt und ich hoffe, die Anwohner verursachen an diesem positiven Bild keine Dellen. Ich poste anonym, weil ich nicht zwischen zwei Fronten geraten möchte, eben aus Eigeninteresse an einer der Wohnungen. Nette Grüße - allen zusammen wünsche ich eine gute Nachbarschaft!


Julia Söhngen hat gesagt…

Hallo in die Runde! Ich bin eine dieser 80 "Ureinwohnerinnen" und offensichtlich ein "Wutbürger". Nicht schlecht! Seien Sie alle miteinander versichert, dass wir überhaupt gar nichts gegen eine Bebauung des Grundstücks haben. Ganz im Gegenteil! Wir freuen uns, wenn endlich diese brach liegende Fläche wieder genutzt wird. Bevor der jetzige "Großinvestor" zuschlug konnte das Grundstück lange Jahre nicht verkauft werden, was an dem immens hohen Preis lag, den der Vorbesitzer auffrief und den er letzten Endes nun auch kassiert hat. Im Vorfeld war das Grundstück bereits zwei Mal verkauft und wurde rückabgewickelt, sprich, die Investoren traten vom Vertrag zurück. Die Gründe sind uns nicht bekannt.
Fakt ist, dass wir als direkte Anwohner dem vorherigen Eigentümer selbst mehrere Male den Kontakt zu möglichen Kaufinteressenten herstellten. Darunter waren teils Rödelheimer Familien, die das Grundstück gerne allein, bzw. zu mehreren gekauft und bebaut hätten, aber auch ein Investor, der dort 4-5 Einfamilienhäuser bauen wollte. Leider kam es nie zu einem Abschluss, da die Preisvorstellung des damaligen Eigentümers sehr hoch war. Zu den Grundstückskosten wären die Kosten für einen Abriss, Neuerschließung sowie Neubau gekommen, was weder für Privatleute zu stemmen war, bzw. die geplanten Einfamilienhäuser exorbitant verteuert hätten.
Letztes Jahr kaufte dann PI, wogegen absolut nichts einzuwenden ist. Wogegen wir jedoch etwas haben, ist die Art und Weise wie hier mit uns umgesprungen wird, versuchte Bestechungsversuche mit angedrohter Rufmordkampagne inbegriffen.Dagegen haben wir etwas! Ich bin selbst in Rödelheim aufgewachsen, bin hier fest verwurzelt und Rödelheimerin mit Herz und Seele und habe bereits diverse für den Stadtteil positive Aktionen mitgestemmt. Dass ich dem Ansehen des Stadtteils "Dellen zufüge", finde ich einen großartigen Vorwurf!
Noch einmal: Wir - ich spreche jetzt einfach mal für meine Nachbarn mit - begrüßen es, wenn Wohnraum geschaffen wird, aber nicht auf diese Art und Weise. Wir waren von Anfang an gesprächsbereit, weil uns an dem bisherigen nachbarschaftlichen Verhältnis ringsherum viel liegt. Dass uns aber mit "Krieg" gedroht wurde, ist schon ein starkes Stück. Und dass man sich dann gegen dieses Geschäftsgebahren (auch mit Plakaten und Unterschriften) wehrt, ist doch kein Wunder. Dass 80 Anwohner unterschrieben haben, hängt übrigens damit zusammen, dass das Grundstück wie eine grüne Insel zwischen Fuchstanz-, Lorscher-, Niddagaustr. und der Straße "Am Alten See" liegt.
Noch einmal: Wir begrüßen ausdrücklich und sehr herzlich neue Nachbarn, die in das dort entstehende neue Haus einziehen und freuen uns sehr auf ein gutes Verhältnis. Unser derzeitiger Nachbar ist hingegen PI, der daran wie wir am eigenen Leib erfahren haben, leider ja so gar kein Interesse zeigt. Und dagegen wehren wir uns mit allen Mitteln - und lassen uns dann eben auch als "Wutbürger" bezeichnen. So what.